Gemeinde setzt jetzt auf Sonne statt Wind

Veröffentlicht am 22.07.2018 in Umwelt

Drei Solarparks gibt es bereits im Milower Land. Dieser steht in Dahlhausen. Quelle: Christamaria Ruch

Seit Jahren kämpft das Milower Land gegen Windkraftanlagen. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts, das Anfang Juli den Windkraftplan kippte, ist für die Gemeinde Erfolg und Herausforderung zugleich.

Das Thema Windenergie begleitet die Gemeinde Milower Land seit vielen Jahren. Bürgermeister Felix Menzel (SPD) hatte sich bereits vor seinem Amtsantritt Ende 2011 als Abgeordneter damit befasst. Für ihn, die Mitarbeiter der Verwaltung und die Gemeindevertreter ist die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, das Anfang Juli den Windkraftplan für die Region Havelland-Fläming kippte, ein wichtiger Erfolg.

Damit fehlt der Firma Enercon die Planungsgrundlage für ihr Vorhaben, im Wald bei Großwudicke 13 Windkraftanlagen zu bauen.

„Lange Zeit kamen wir uns vor wie die Gallier, weil wir die einzigen waren, die sich wirklich lautstark und massiv gegen den großen Landesplan gewehrt haben“, erinnert sich Menzel.

Zum einen klagte die Verwaltung gegen den Regionalplan, zum anderen gegen die Firma Enercon. Einen wichtigen Teilerfolg erzielte die Gemeinde im Herbst 2017.

Milows Windplan steht jetzt auch auf wackligen Füßen

Damals hatte das Landesamt für Umwelt (LfU) das Vorhaben unter anderem aufgrund von artenschutzrechtlichen sowie bauordnungs- und bauplanungsrechtlichen Belangen abgelehnt. Enercon ging in ein Widerspruchsverfahren, das derzeit noch läuft.

„Natürlich ist das jetzige Urteil eine Erleichterung, dennoch ist für uns nicht abschätzbar, wie sich das Thema weiterentwickelt. Ein Wermutstropfen ist, dass die Kommunen jetzt wieder selbst planen müssen. Und ohne Regionalplan ist auch ,Wildwuchs’ wieder möglich. Deshalb werden, sobald das Urteil schriftlich vorliegt, in der Gemeinde darüber diskutieren, was wir machen. Letztendlich stellt das Urteil ja auch unseren eigenen Teilplan ,Wind’ auf wacklige Füße“, erklärt Menzel.

Bereits im Februar 2011 hatte die Gemeinde begonnen, einen Teilflächennutzungsplan „Wind“ aufzustellen – auf Empfehlung des Landes, da es auch zu diesem Zeitpunkt keinen gültigen Regionalplan gab. Später untersagte das Land die Weiterarbeit, weil der neue Regionalplan in Kraft getreten war und dem Plan der Gemeinde entgegenstand.

Der Plan der Verwaltung weist ein 70 Hektar großes Feld bei Schmetzdorf als Windeignungsgebiet aus. Einen interessierten Investor gibt es bereits. Unklar ist aber, ob das Gebiet jetzt überhaupt noch in Frage kommt, auch weil ein Schwarzstorch vermutlich hier einen Horst hat. Das will die Verwaltung nach der Sommerpause prüfen lassen.

Der lange Kampf gegen Windräder

640 Hektar zwischen Schmetzdorf und Großwudicke wies der nun gekippte Regionalplan Havelland-Fläming als Windeignungsgebiet aus.

In diesem Bereich wollten die Unternehmen Enercon und Prokon Anlagen errichten.

Während Prokon seinen Antrag zurückzog und auf den Bau von vier Anlagen verzichtete, gab Enercon nicht auf.

Auch die Gemeinde und ihre Bürger blieben hart. 252 Einwände gegen die Anlagen hatten sie gemeinsam eingereicht.

Im Oktober 2016 rief Felix Menzel zu einer Demonstration gegen den Windpark auf, zahlreiche Bürger beteiligten sich.

Nach gut acht Jahren Kampf gegen Windräder ist die Gemeinde an dem Thema gewachsen, sagt Menzel. Verwaltungsmitarbeiter und Gemeindevertreter mussten sich mit Dingen befassen, mit denen eine so kleine Kommune es sonst nicht zu tun.

„Wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht. Letztendlich steht über allem das Ziel, zwei Prozent der Landesfläche der Windenergie zur Verfügung zu stellen. Allerdings ist es für uns als Naturparkgemeinde schwer, überhaupt ein geeignetes Fleckchen zu finden“, erklärt der Bürgermeister.

Er hat hat das Gefühl, dass das Land in Sachen Windenergie gerade vor einem Paradigmenwechsel steht. „Ich sehe die Zukunft der Windenergie eher darin, dass man vorhandene Standorte umrüstet. Also kleine Anlagen, die relativ wenig Energie produzieren, durch neue, hohe Anlagen ersetzt. Dann stehen vielleicht nicht mehr einhundert Windräder in einem Gebiet, sondern nur 50. Das sind dann aber echte Leuchttürme mit viel höherer Effizienz.“

In den nächsten fünf Jahren keine neuen Windkraftanlagen

Für die Gemeinde Milower Land ist inzwischen ohnehin Sonnenenergie interessanter. Einen Solarpark gibt es bereits in Jerchel, zwei weitere in Großwudicke und gerade ging in der Verwaltung ein Antrag für einen weiteren Park ein.

Zusammen mit den fünf Windkraftanlagen in Möthlitz könnte sich die 4500-Seelen-Gemeinde im Prinzip also selbst versorgen, so Menzel.

Ihm geht es bei dem Thema auch um Wertschöpfung. „Wir bezahlen hier den teuren Strom, leiten den eigentlich nur durch und haben eine Vordbildfunktion in Brandenburg, denn hier stehen wirklich viele Windkraftanlagen“, weiß der Bürgermeister.

Zum Vergleich: In Brandenburg stehen auf 1000 Quadratmeter Landesfläche derzeit im Schnitt 127 Windräder. In Sachsen-Anhalt sind es 141, in Bayern dagegen nur 17. In Waldgebieten stehen im Land Brandenburg derzeit 320 Anlagen.

„Letztlich zahlt das der Endkunde, ohne dass er etwas davon hat, ganz im Gegenteil. Photovoltaik und auch das Genossenschaftsmodell der Energiegenossenschaft Westhavelland ermöglichen es, die Menschen teilhaben zu lassen“, erklärt Menzel.

Er ist guter Dinge, dass in den nächsten fünf Jahren in seiner Gemeinde keine Windkraftanlagen gebaut werden.

Text Märkische Allgemeine / Christin Schmidt
Foto Märkische Allgemeine / Christamaria Ruch

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